Kritik und Belustigung
Dienstag, 24.10.2023 , 06:00 Uhr

Jugendwort des Jahres: „Goofy“ ist Nachfolger von „Cringe“

Die einen fiebern auf die Wahl des Jugendwortes des Jahres hin, bei anderen sorgt sie nur für Kopfschütteln. Tatsache ist: Sie ist zu einem echten Internet-Phänomen geworden. Auch, aber nicht nur durch Tagesschau-Sprecherin Susanne Daubner.

„Goofy“ setzt sich gegen „Side Eye“ und „NPC“ als Jugendwort des Jahres durch.

„Goofy“ setzt sich gegen „Side Eye“ und „NPC“ als Jugendwort des Jahres durch. Symbolbild: Benkö/dpa

Die Wahl des Jugendworts des Jahres hat einen Sieger: „goofy“. Tollpatschige, sich lächerlich machende Menschen werden so von Jugendlichen betitelt – zumindest, wenn man dem Wahlergebnis glauben schenken mag. Denn immer wieder wird der Vorwurf laut, dass viele der vermeintlichen Jugendworte kaum jemand benutzen würde. Gerade in den Sozialen Medien sind die Kommentarspalten voll mit höhnischen Bemerkungen. Gleichzeitig erwarten viele die Verkündigung der Ergebnisse. Warum eigentlich?

Rückblick: Seit dem Jahr 2008 wählt der Langenscheidt-Verlag das Jugendwort des Jahres. Der Gewinner der ersten Auszeichnung: „Gammelfleischparty“. Laut damaliger Auffassung eine Umschreibung für eine Ü-30-Party. Heute erinnert sich wohl kaum jemand daran. Und dass irgendjemand das Wort noch unironisch benutzt, ist kaum vorstellbar.

Vom Rap in den Alltag

Das ist vielleicht auch genau der Punkt: Jugendsprache funktioniert anders als die Alltagssprache älterer Menschen. Viele Begriffe tauchen plötzlich in der Popkultur auf und werden von einer breiteren, jüngeren Öffentlichkeit übernommen. Wie etwa 2013, als „Babo“ das Jugendwort des Jahres wurde – logisch, schließlich hatte Haftbefehl damals gerade erst seinen zum Klassiker gewordenen Hit „Chabos wissen, wer der Babo ist“ veröffentlicht. „Babo“ war damals tatsächlich auch in Kreisen zu hören, die eher nicht zur Zielgruppe des Rappers gehören – meist aber eben ironisch.

Dass sich das Wort nicht längerfristig durchgesetzt hat, liegt in der Natur der Sache: Jugendsprache ist schnelllebig, wer damals 17 Jahre alt war, ist jetzt schon Ende 20, hat gegebenenfalls Ausbildung und/oder Studium abgeschlossen, arbeitet, ist womöglich mit der eigenen Familienplanung beschäftigt – und hat somit mitunter wohl Schwierigkeiten, überhaupt noch entscheiden zu können, ob ein Jugendwort tatsächlich benutzt wird. Die Irritation darüber, dass einige Online-Kommentarschreiber „goofy“ noch nie gehört haben, scheint sich also schon allein durch die unterschiedlichen Lebenswelten zu erklären.

Verbreitung auf Social-Media

Das gilt auch für die zweit- und drittplatzierten Begriffe „Side Eye“ und „NPC“. Beide haben zwar keinen musikalischen Hintergrund, kommen aber auch aus der Popkultur. „Side Eye“ meint einen skeptischen Blick auf eine Person oder „Situation“ und geht zurück auf einen TikTok-Trend. „NPC“, kommt ursprünglich aus dem Gaming und ist dort die Abkürzung für „Non-Playable-Character“ („Nicht spielbare Figur“).

Seinen Weg in die Jugendsprache verdankt „NPC“ aber schließlich auch Social Media. Dort werden Menschen als „NPCs“ bezeichnet, die ihre Umwelt nur passiv wahrzunehmen scheinen. Teilweise geht es dabei auch in eine stark beleidigende Richtung.

Hype um Nachrichtensprecherin

Die großen Gewinner der Wahl sind aber ohnehin andere. Denn das Jugendwort des Jahres ist mittlerweile zu einem ganz eigenen Internet-Phänomen geworden. Unverständnis, Kritik und Belustigung in den Kommentaren geben denjenigen, die darüber berichten, jede Menge Reichweite auf TikTok und Instagram. Besonders ein Account profitiert davon: Die Tagesschau. Seit Sprecherin Susanne Daubner zum ersten Mal 2021 die zur Wahl stehenden Jugendwörter live im Fernsehen vorgelesen hat, ist ein regelrechter Hype um sie entstanden.

„,Cringe‘ ist das Gefühl, das Sie haben, wenn ich den folgenden Satz sage: „Digga, wie fly ist eigentlich die Tagesschau, wenn sie mit Jugendwörtern flext. Läuft bei Dir, ARD.“ So erklärte sie vor zwei Jahren das Gewinnerwort – und erzeugte so einen viralen Hit. Daubners persönlicher Favorit sei laut Deutscher Presseagentur in diesem Jahr übrigens „Yolo“ gewesen.

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