Wissen

Arzt klärt Erkältungsmythos auf Macht Kälte tatsächlich krank?

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos | Feedback senden
Schleimhäute werden in der Kälte schlechter durchblutet und sind häufig trockener, sodass sie ihre Schutzfunktion nicht so gut wahrnehmen können.

Schleimhäute werden in der Kälte schlechter durchblutet und sind häufig trockener, sodass sie ihre Schutzfunktion nicht so gut wahrnehmen können.

(Foto: imago images/Panthermedia)

Husten, Schnupfen, Halsschmerzen: Mit fallenden Temperaturen nehmen die Atemwegsinfektionen zu. Wenn man einer Erkältung entgehen möchte, sollte man sich warm einpacken - so heißt es zumindest. Doch hat die Kälte wirklich etwas mit der Erkrankung zu tun? Ein Mediziner klärt auf.

"Zieh dir etwas Warmes an, sonst wirst du krank." Diesen gut gemeinten Rat hat sicherlich schon jeder einmal gehört. Denn wenn es draußen kalt und nass wird, beginnt auch die Erkältungszeit. Meist sind es Viren, die typische Symptome wie Husten, Schnupfen und Halsschmerzen auslösen, wenn das Immunsystem die Erreger nicht abwehren kann. Und da sich im Herbst und Winter die Atemwegsinfektionen häufen, scheint es logisch: Wer friert, wird krank. Schließlich heißt es ja auch Erkältung. Doch ganz so einfach ist es nicht.

Der Zusammenhang von Kälte und Krankheit ist in der Wissenschaft umstritten. Schon 1878 dachte Louis Pasteur den Beweis erbracht zu haben, dass Kälte krank macht, weil sein Versuchshuhn nach einem Bad im Eiswasser verendet war. Mitte des 20. Jahrhunderts ließen britische Forscher in einem Experiment Probanden in nassen Badehosen und Socken durch zugige Flure laufen. Anschließend wurden sie und die Kontrollgruppe mit Erkältungsviren infiziert.

Über die Jahre folgten weitere solcher mehr oder weniger bizarren Studien, mal mussten Probanden dünne Kleidung in kalten Kellern tragen, mal ihre Füße in Eiswasser tauchen. Doch fast alle Experimente führten zu dem gleichen Ergebnis: Versuchsgruppe und Kontrollgruppe wurden etwa gleich häufig krank.

Für eine Erkältung braucht es Viren

"Erkältung hat mit Kälte erst mal gar nichts zu tun", sagt auch Präventionsmediziner und Medizinjournalist Dr. Christoph Specht im Gespräch mit ntv.de. "Wenn man sich in der Antarktis unbekleidet auf eine Eisscholle setzt, passiert sicherlich alles Mögliche, aber man wird sich auf keinen Fall erkälten." Denn Erkältungen sind Infektionskrankheiten und erfordern immer einen Erreger, erklärt der Experte. Meist ist es einer von den 200 verschiedene Erkältungsviren, darunter Rhino- oder Coronaviren. Aber auch Bakterien wie Pneumokokken oder Streptokokken können Entzündungen auslösen.

Allerdings bedeutet das nicht automatisch, dass Kälte für eine Erkältung völlig nebensächlich ist. Denn die Nebeneffekte von niedrigen Temperaturen können den Ausbruch einer Infektion durchaus begünstigen. "Schleimhäute werden in der Kälte schlechter durchblutet und sind häufig trockener, sodass sie ihre Schutzfunktion nicht so gut wahrnehmen können", erklärt Specht. Kalte Nasen können sich also schlechter gegen Viren verteidigen. Das hat erst im vergangenen Jahr ein Forschungsteam in einer Studie im "Journal of Allergy and Clinical Immunology" nachgewiesen.

Außerdem bedeute Zittern Stress für den Körper, sagt der Mediziner. "Und wenn der Körper gestresst wird, dann hat er nicht so viel Kapazität für die Immunabwehr." Aber auch in der Wärme lauert die Infektionsgefahr. So hält man sich in der kalten Jahreszeit vermehrt in Innenräumen auf, sagt Specht. "Dort hat man mit anderen Menschen und ihren Viren einen viel engeren Kontakt als beispielsweise im Sommer im Park." Die Aerosole seien viel höher konzentriert und man stecke sich vergleichsweise häufiger an als im Freien.

"Einmal kalt duschen, bringt nichts"

Wer sich nicht anstecken möchte, sollte Menschenansammlungen vermeiden, rät Specht. Auch Masken können kurzfristig helfen, eine Infektion zu verhindern - allerdings nur, wenn sie richtig getragen werden. "Insgesamt hat es jedoch wenig Sinn, durch beständiges Ausweichen Infektionen verhindern zu wollen", so der Mediziner. Es sei wichtig, dass das Immunsystem mit verschiedenen Erregern konfrontiert werde, um sich dann vor eben diesen besser schützen zu können.

Wer sein Immunsystem abhärten will, kann es auch beispielsweise mit kalten Duschen trainieren. "Man denke nur an die finnische Sauna. Der Wechsel zwischen heiß und kalt stresst den Körper zwar, macht ihn aber gleichzeitig auch widerstandsfähiger", erklärt Specht. Allerdings dürfe man das nur machen, wenn man gesund sei. Und bis ein Effekt eintrete, dauere es Monate. "Einmal kalt duschen bringt leider gar nichts."

Einen kleinen Geheimtipp hat der Mediziner allerdings: Zink. "Zink ist eines von den ganz wenigen Spurenelementen, bei denen Studien gezeigt haben, dass sie wirken, wenn man sie prophylaktisch einnimmt. Sie können das Risiko einer Erkältung tatsächlich minimieren", sagt Specht. Und: "Auch warm anziehen schadet nicht."

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen