Im Juni lag die Pünktlichkeit der Züge im Fernverkehr der Deutschen Bahn nur bei 63,5 Prozent.
Im Juni lag die Pünktlichkeit der Züge im Fernverkehr der Deutschen Bahn nur bei 63,5 Prozent.
picture alliance/dpa | Jörg Carstensen

Angesichts hoher Verspätungen im Bahnverkehr können Deutsche nur neidvoll in die Schweiz blicken. Dort liegt die Pünktlichkeit der Züge bei über 90 Prozent.

Peter Füglistaler, Direktor des Schweizer Bundesamtes für Verkehr, gab in der „Frankfurter Allgemeinen“ einen Einblick in die Maßnahmen, mit denen das Nachbarland seine Bahnen schneller macht.

Der Bahnexperte ließ durchblicken, dass Deutschland in den vergangenen Jahren an der Schiene zu viel gespart hat – und zeigte sich doch optimistisch.

Wenn sich ein ICE mal wieder verspätet, denken viele Bahnreisende in Deutschland sehnsüchtig an die Schweiz. Denn die Züge im Nachbarland sind zu über 90 Prozent pünktlich, während die Deutsche Bahn (DB) im Fernverkehr zuletzt auf eine verheerende Quote von 63,5 Prozent kam. Tatsächlich stoppt die Schweizer Bahn am Grenzbahnhof in Basel konsequent Bummelzüge aus Deutschland, um die eigenen Fahrpläne nicht zu gefährden.

„Wir sind dazu gezwungen“, sagte Peter Füglistaler, Direktor des Schweizer Bundesamtes für Verkehr, jetzt der „Frankfurter Allgemeinen„. In Basel sei die Hälfte der internationalen Züge aus Deutschland verspätet. Da liegt die Frage nahe: Was macht die Schweiz im Bahnverkehr so viel besser? „Das ist wie in einer Fabrik: Um ein gutes Produkt namens Bahn herzustellen, braucht man eine gute Planung, eta­blierte Prozesse und genügend Ressourcen“, sagte Füglistaler.

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„Genügend Ressourcen“ – das bedeutet vor allem: Geld. Die Deutsche Bahn rechnet in diesem Jahr mit Brutto-Investitionen von 18 Milliarden Euro. Dagegen müssten 36 Milliarden Euro jährlich ins Netz fließen, um das Niveau der kleineren Schweiz zu erreichen, rechnet die FAZ vor. Es liege auch „viel am Geld“, sagte Füglistaler. „Das definiert die maximal erreichbare Qualität.“ Doch die Mittel müssten auch „möglichst effizient“ eingesetzt werden, so der Schweizer.

Der Schweizer verriet „viele kleine Maßnahmen“, die neben großen Investitionen dafür sorgen, die Züge der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) pünktlicher zu machen. So werden verspätete Züge vor dem Endbahnhof gestoppt, aufgrund schneller Anschlüsse ohne größeres Murren der Fahrgäste. Das ist in der Schweiz einfacher, weil die Streckenverläufe kürzer sind als im deutschen Fernverkehr. „Das erlaubt uns, flexibler zu sein“, so Füglistaler. „In Deutschland fahren die Züge hingegen durchs ganze Land und schleppen im Zweifel stundenlang eine Verspätung mit sich herum.“

Zu den unbekannteren Vorteilen der Schweizer Bahnen gehören breitere Türen zum zügigen Aussteigen, kürzere Abstände bei den Signalen auf der Strecke – und das Fehlen von Zügen wie dem ICE, die mit hohem Tempo unterwegs sind. „Wir haben auch keine Hochgeschwindigkeitszüge wie den ICE und damit nicht so große Geschwindigkeitsunterschiede auf den Strecken, der Verkehr fließt flüssiger“, sagte der Bahnexperte.

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Füglistaler ließ durchblicken, dass Deutschland seine Bahn in den vergangenen Jahren offenbar kaputtgespart hat. „Wenn Sie zu wenig investieren, wie es die Deutschen lange gemacht haben, merken Sie jahrelang noch keine negativen Folgen“, sagte er. „Wenn Sie es dann spüren, wie derzeit in Deutschland, ist es zu spät.“ Allerdings bescheinigte der Experte der Ampel-Koalition in Berlin einen spürbaren Veränderungswillen. Füglistaler erwartet zwei oder drei Jahren „erste Fortschritte“.

Fu