Dynamischer Stromtarif Geld sparen und die Energiewende fördern? – Wann sich ein dynamischer Stromvertrag lohnt

Dynamischer Stromtarif Quelle: dpa

Dynamische Stromtarife können Verbrauchern dabei helfen, Geld zu sparen und einen Beitrag zur Energiewende leisten. Doch wie funktionieren solche Tarife, und wer bietet sie an? Ein Überblick.

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In Deutschland ist ein hoher Stromverbrauch oftmals uneingeschränkt negativ konnotiert. Dass diese Betrachtung aber zuweilen zu oberflächlich ist, beweisen sogenannte dynamische Stromtarife, die sich auch hierzulande wachsender Beliebtheit erfreuen. Nicht die reine Anzahl der genutzten Kilowattstunden (kWh) ist hier entscheidend, sondern wann der Endverbraucher die kWh bezieht. Der reine Stromverbrauch kann so zwar höher ausfallen, dennoch lässt sich Geld sparen und im Bestfall sogar die Energiewende fördern. 

Doch was genau ist ein dynamischer Stromtarif, wie teuer ist hier die kWh, und was brauche ich für einen solchen Tarif? Alle wichtigen Informationen auf einen Blick.

Dynamischer Stromtarif: Kosten, Anbieter und Vergleich im Überblick 2024

Was ist ein dynamischer Stromtarif?

Ein dynamischer Stromtarif unterscheidet sich von herkömmlichen Stromverträgen dadurch, dass der Strompreis je nach Angebot und Nachfrage auf dem Energiemarkt variiert. Während die kWh-Preise bei herkömmlichen Verträgen oft konstant bleiben und pauschal abgerechnet werden, können sich die kWh-Preise bei einem dynamischen Stromtarif stündlich oder sogar viertelstündlich ändern. Der jeweilige Preis ist von Faktoren wie der aktuellen Belastung des Stromnetzes, der Verfügbarkeit erneuerbarer Energien, der Nachfrage am Markt und vielen anderen Markteinflüssen abhängig.

Kunden mit einem dynamischen Stromtarif können gerade dann von niedrigeren Strompreisen profitieren, wenn die Nachfrage gering ist oder erneuerbare Energien reichlich verfügbar sind, was typischerweise in Zeiten mit geringer Nutzung oder einem hohen Angebot der Fall ist. In diesen Zeiten ist die Kilowattstunde dann in der Regel besonders günstig. Andererseits können die Preise steigen, wenn die Nachfrage hoch ist oder die Energieversorgung knapp wird. Das ist oft dann der Fall, wenn die Strommenge aus Solar oder Wind gering ist, sodass diese fehlende Menge aus fossiler Stromproduktion ausgeglichen werden muss, was dazu führt, dass der kWh-Preis steigt.

Ein dynamischer Stromtarif erfordert daher in der Regel eine gewisse Flexibilität seitens des Verbrauchers, da der persönliche Stromverbrauch aktiv gesteuert werden muss, um von den niedrigeren Preisen zu profitieren. Smart-Home-Technologien und intelligente Stromzähler können hier Abhilfe schaffen, den Stromverbrauch zu überwachen und zu steuern beziehungsweise zu automatisieren, um die eigenen Einsparungen hinsichtlich der Stromkosten zu maximieren.

Was brauche ich für einen dynamischen Stromtarif?

Um einen dynamischen Stromtarif abzuschließen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Dazu ist als erster Schritt oftmals ein Anbieterwechsel nötig, da nicht jeder Stromanbieter in Deutschland seinen Kunden einen entsprechenden dynamischen Stromtarif anbietet.

Des Weiteren ist die Installation eines sogenannten Smart-Meters erforderlich. Als Smart-Meter bezeichnet man Messgeräte, die den Energieverbrauch eines Haushalts oder eines Unternehmens genau erfassen und die Daten drahtlos an den Energieversorger überträgt. Diese Geräte sind typischerweise für dynamische Stromverträge notwendig, da sie Ihren Stromverbrauch in Echtzeit erfassen. Sie ermöglichen eine präzise Überwachung des Verbrauchs sowohl für Sie als auch für Ihren Energieversorger, was eine entsprechende Anpassung der Tarife ermöglicht.

Eine stabile Internetverbindung und eine gut funktionierende Kommunikationsinfrastruktur sind ebenfalls unerlässlich, um Daten zwischen Ihrem Smart-Meter und Ihrem Energieanbieter auszutauschen. Viele Anbieter von dynamischen Stromtarifen bieten ihren Kunden Apps für das Smartphone, die eine Überwachung und das Reagieren aus der Ferne ermöglichen.

Wann lohnt sich ein dynamischer Stromtarif?

Dynamische Stromtarife können unter bestimmten Bedingungen von Vorteil sein, insbesondere wenn Endverbraucher flexibel und bereit sind, Ihren Energieverbrauch an unterschiedliche Tageszeiten anzupassen, indem Sie energieintensive Aktivitäten – beispielsweise wie Wäschewaschen oder Geschirrspülen – zu Zeiten mit niedrigeren Strompreisen verschieben.

Diese Flexibilität ist dann besonders effektiv, wenn man über Smart-Home-Technologie verfügt, die es ermöglicht, den Energieverbrauch zu steuern und an die jeweilige Situation anzupassen. Eine flexible Lebensweise, das Anpassen von Zeitplänen und Abläufen das gezielte Nutzen günstiger Zeitfenster, kann hinsichtlich der schlussendlichen Stromkosten zu erheblichen Einsparungen führen.

Bei welchen Anbietern bekomme ich einen dynamischen Stromtarif?

Dynamische Stromtarife, die sich je nach aktueller Nachfrage oder Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien ändern können, werden von verschiedenen Anbietern angeboten, insbesondere in Ländern, die fortschrittliche Smart-Grid-Technologien implementiert haben. Unter sogenannten Smart-Grids versteht man intelligente Stromnetze, die die Erzeugung, die Speicherung und den Verbrauch kombinieren. Eine zentrale Steuerung koordiniert sie effizient miteinander und gleicht dadurch Leistungsschwankungen im Netz aus, insbesondere bedingt durch schwankende erneuerbare Energien. 

Zahlreiche Anbieter bieten ihren Kunden unterschiedliche dynamische Stromtarife. Hier gilt es im Voraus die genauen Bedingungen und Voraussetzungen für einen solchen Tarif beim jeweiligen Energieanbieter zu berücksichtigen. Zu den Anbietern dynamischer Stromtarife gehören in Deutschland unter anderem:

  • 1Komma5°
  • Awattar
  • E.ON
  • Entega
  • EWE
  • Gasag
  • GP JOULE
  • Lichtblick
  • Lumenaza.Community
  • Naturstrom
  • Octopus Energy
  • Ostrom
  • Polarstern
  • Rabot Charge
  • Stromee
  • Tibber
  • Vattenfall
  • Voltego
  • Yippie

Wie hoch ist der aktuelle Strompreis an der Börse?

Die Strompreise an den Börsen sind in den letzten Wochen und Monaten deutlich gesunken. Zuletzt kostete die Kilowattstunde Strom im April 2024 durchschnittlich rund 25 Cent. In den günstigen Zeiten – in denen das Stromangebot größer ist als die Nachfrage – lag der kWh-Preis aber zuletzt oftmals deutlich darunter, bei 12 Cent bis 18 Cent. Nutzer, die also gezielt diese günstigen Strompreise angesteuert haben, konnten nochmals deutlich an Kosten sparen.

Wie hoch ist der Strompreis in normalen Stromtarifen für Neukunden aktuell?

Laut dem Vergleichsportal Verivox liegt der durchschnittliche Kilowattstundenpreis für Neukunden in Deutschland aktuell bei rund 26 Cent. (Stand: 15. April) Bestandskunden zahlen derzeit noch wesentlich höhere pauschale kWh-Preise von teilweise weit über 30 Cent.

Warum ist ein hoher Stromverbrauch nicht automatisch schlecht?

Der reine Stromverbrauch gibt nur begrenzte Auskunft über die Nachhaltigkeit und ist nicht automatisch negativ zu bewerten. Vielmehr ist die Herkunft des Stroms und der Zeitpunkt des Verbrauchs von wesentlich größerer Bedeutung. Eine Person, die beispielsweise 5000 Kilowattstunden Strom im Jahr im dynamischen Tarif aus 100 Prozent Ökostrom bezieht wird auf eine bessere CO2-Bilanz kommen und mehr zur Energiewende beitragen als eine Person, die lediglich 2000 kWh Strom bezieht, der aber aus fossiler Erzeugung stammt.

Der Umstand, dass der reine Stromverbrauch nicht automatisch als negativer Faktor zu bewerten ist, zeigt sich besonders deutlich in Situationen wie kürzlich in Baden-Württemberg, wo Bürger aufgefordert wurden, Strom zu sparen, da im Norden ein Überschuss an Strom vorhanden war. Ein gezielt höherer Stromverbrauch vor Ort könnte in vielen Fällen dann sogar von Vorteil sein, da überschüssiger Strom gezielt genutzt würde.

Die Tatsache, dass ein hoher Stromverbrauch nicht zwangsläufig negativ ist, wird auch durch den Umstand deutlich, dass deutsche Stromerzeuger allein im Jahr 2022 rund 5800 Gigawattstunden Strom überproduzierten. Im Jahr 2021 erhielten die Energieversorger in Deutschland eine Rekordsumme von rund 807 Millionen Euro als Entschädigung für nicht eingespeisten Strom, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) unter Berufung auf eine Anfrage der Linken beim Bundeswirtschaftsministerium berichtet. Diese Ausgleichszahlungen belasten letztendlich dann wieder die Verbraucher, da diese Zahlungen über die Netzentgelte umgelegt werden. Würde dieser überschüssige Strom hingegen gezielt genutzt, könnten die Kosten für die Endverbraucher im Umkehrschluss sinken, da die Belastung der Netzentgelte reduziert würde. Die Stromproduzenten haben das Recht auf Entschädigung durch das sogenannte Einspeisemanagement, wenn der von ihnen produzierte Strom aufgrund von Netzengpässen nicht transportiert werden kann. 

Es ist daher von großer Bedeutung, den Fokus auf diesen überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu legen, der ohne Abnehmer nicht nur regionale Engpässe verursachen und Entschädigungszahlungen zur Folge haben kann, sondern letztendlich auch die Strompreise für die Verbraucher erhöht.

Dynamische Stromtarife können durch ihre Flexibilität als ein Baustein hin zur Energiewende betrachtet werden. Derartige Tarife ermöglichen es Verbrauchern, den Stromverbrauch besser an die Verfügbarkeit erneuerbarer Energiequellen wie Wind und Sonne anzupassen. Dadurch kann der Bedarf an konventionell erzeugtem Strom verringert und die Integration erneuerbarer Energien ins Stromnetz erleichtert werden, was die Energiewende im Bestfall mit beschleunigen könnte. Zudem schaffen dynamische Stromtarife Anreize für Investitionen in Energiespeichertechnologien, um überschüssige Energie zu speichern und bei Bedarf zu nutzen. 

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Der Erfolg dynamischer Stromverträge hängt jedoch von der Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit entsprechender Technologien sowie von der Bereitschaft der Verbraucher ab, ihr Verhalten anzupassen und den Verbrauch gezielt in günstige Zeitfenster beim kWh-Preis zu legen

Transparenzhinweis: Dieser Artikel erschien erstmals im Februar 2024 bei der WirtschaftsWoche. Wir haben ihn aktualisiert und zeigen ihn aufgrund des Leserinteresses erneut.

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