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ESA-Studie zu Weltraummissionen Warum sich Frauen besser für Raumfahrt eignen als Männer

Laut einer Studie der Europäischen Raumfahrtagentur würden sich lange Missionen im All nur mit rein weiblichen Crews rechnen. Sie haben gegenüber ihren männlichen Kollegen klare Vorzüge.
Das effiziente Geschlecht: Die Nasa-Astronautinnen Stephanie Wilson, Tracy Caldwell Dyson und Dorothy Metcalf-Lindenburger mit ihrer japanische Kollegin Naoko Yamazaki (im Uhrzeigersinn von rechts unten) 2010 im Zvezda-Modul der Internationalen Raumstation – damals waren erstmals vier Frauen zugleich im All

Das effiziente Geschlecht: Die Nasa-Astronautinnen Stephanie Wilson, Tracy Caldwell Dyson und Dorothy Metcalf-Lindenburger mit ihrer japanische Kollegin Naoko Yamazaki (im Uhrzeigersinn von rechts unten) 2010 im Zvezda-Modul der Internationalen Raumstation – damals waren erstmals vier Frauen zugleich im All

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NASA / Interim Archives / Getty Images

Falls eines Tages Menschen zum Mars oder gar auf eine Mission in entfernte Sonnensysteme geschickt werden, ist die Empfehlung klar: Frauen zuerst.

Das raumfahrtmedizinische Forschungsteam des Europäischen Astronautenzentrums in Köln hat errechnet, dass Astronautinnen den knappen Raum sowie Energie und andere Ressourcen in Raumfahrzeugen weitaus besser nutzen als ihre männlichen Kollegen. Die Forschenden vergleichen vorliegende Daten zum Stoffwechsel von Raumfahrerinnen mit einem neuen Modell zur Energiebilanz von Astronauten. Die Studie der Forscher um Jonathan Scott ist in der Fachzeitschrift »Scientific Reports«  erschienen.

Demnach verbrauchen Frauen durchweg weniger Kalorien, Sauerstoff oder Wasser als Männer. Sie setzen weniger Kohlendioxid und Wärme frei. Dabei wirkt nicht bloß die Körpergröße, die bei all diesen Faktoren eine große Rolle spielt. Selbst mit identischen Maßen hätten Frauen den Vorteil eines effizienteren Stoffwechsels. Zudem verschlechtere sich die Bilanz mit zunehmender Körpergröße bei Frauen weniger als bei Männern.

Für den Betrieb von Weltraummissionen könnte der Unterschied bedeutende Folgen haben. Allein die Nahrung für eine auf 1080 Tage angelegte Mission mit vier Astronautinnen würde 1695 Kilogramm weniger wiegen als die für vier Männer. So ließen sich nach Nasa-Daten gut 158 Millionen Dollar sparen – und 2,3 Kubikmeter Platz, besonders kostbar angesichts des Trends zu kleineren Wohnmodulen.

Weniger schwitzen, weniger trinken

Noch schwerer wiegt der Vorteil des weiblichen Stoffwechsels beim Ausgleichstraining, das gegen die Nebeneffekte der fehlenden Schwerkraft wie Muskelatrophie oder Knochenschwund nötig ist. Auf der Internationalen Raumstation etwa sind an sechs Tagen pro Woche zwei halbstündige Aerobic-Einheiten vorgeschrieben. Astronautinnen verlieren bei diesen Übungen laut der Studie 29 Prozent weniger Wasser durch Schwitzen als Astronauten und müssen entsprechend weniger trinken. Zudem erreichen sie früher die maximale Sauerstoffaufnahme.

Schon in der Frühzeit der Raumfahrt waren die theoretischen Vorteile ein Thema. Das medizinische Team der Nasa hatte ab 1959 auf ein Programm namens »Women in Space Earliest« hingearbeitet, die sowjetische Kosmonautin Valentina Tereshkova flog im Juni 1963 mit der Wostok-6 als erste Frau ins All.

Rekrutiert wurden dann aber doch vor allem Männer. Bei der Nasa etwa wurden mindestens 1500 Flugstunden in Kampfflugzeugen vorausgesetzt, damals nahmen die Pilotenschulen noch keine Frauen auf. Mehr als 90 Prozent der Raumfahrenden bis heute sind männlich. Mit den aktuellen Missionen ändert sich das Geschlechterverhältnis aber. Bis tatsächlich ein Marsflug geplant wird, dürfte die Idee einer rein weiblichen Crew realistisch sein.

ahh