Ein Cannabis-Patient hält einen brennenden Joint in der Hand.
Die bisher verbotene Droge könnte noch dieses Jahr legal werden. Bildrechte: picture alliance/dpa | Philipp von Ditfurth

Drogen Kabinett beschließt Cannabis-Legalisierung

16. August 2023, 16:27 Uhr

Die geplante Cannabis-Legalisierung in Deutschland kann kommen. Die Bundesregierung hat einen entsprechenden Gesetzentwurf gebilligt. Kurz vor der Verabschiedung haben Union und Verbände ihre Kritik daran erneuert.

Das Bundeskabinett hat die teilweise Freigabe von von Cannabis zum privaten Gebrauch gebilligt. Der am Mittwoch beschlossene Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht vor, Cannabis im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Substanzen zu streichen. Ab 18 Jahren soll der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis erlaubt werden. Der Bezug soll über sogenannte Cannabis-Clubs ermöglicht werden.

Anbau und Abgabe in Cannabis-Clubs

Es gibt aber zahlreiche Einschränkungen: Die Cannabis-Clubs benötigen eine behördliche Genehmigung und dürfen maximal 500 Mitglieder haben. An diese dürfen maximal 25 Gramm pro Tag und 50 Gramm pro Monat abgegeben werden. Bei Heranwachsenden zwischen 18 und 21 Jahren ist die Menge auf 30 Gramm pro Monat begrenzt. Der Gehalt des Rauschmittels THC darf bei ihnen nicht über zehn Prozent liegen.

Die Cannabis-Vereine dürfen zudem Samen und Stecklinge an die Mitglieder zum Eigenanbau zuhause weitergeben. Hier sollen maximal sieben Samen oder fünf Stecklinge pro Monat erlaubt sein. Konsumiert werden darf in den Clubs allerdings nicht. Erlaubt ist dies nur in einem Abstand von 200 Metern. Das gilt auch für Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätze sowie in öffentlich zugängliche Sportstätten. Die Kontrolle über die Clubs obliegt den Bundesländern.

Im Eigenanbau zu Hause sollen zudem bis zu drei Pflanzen erlaubt sein.

Scharfe Kritik von Union, Polizei und Suchtexperten

Bereits vor der Verabschiedung hatte es erneute Kritik aus der Union und von Verbänden aus Justiz, Polizei und Gesundheitswesen gegeben. Sie warnen vor Gesundheitsgefahren für junge Menschen und vor Mehrbelastungen für Ermittler und Gerichte. So forderte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) Lauterbach auf, das Gesetz zu kippen. Die Bundesregierung dürfe die breite Kritik von Ärzten, Richtern und Polizei nicht länger ignorieren.

Der sächsische Innenminister Armin Schuster (CDU) erklärte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Mit diesem Gesetz wird ein kompletter Kontrollverlust verbunden sein".

Gesetz könnte noch dieses Jahr in Kraft treten

Nach dem Beschluss im Kabinett muss das Gesetz noch durch Bundestag und Bundesrat. In der Länderkammer ist es nach Angaben des Gesundheitsministeriums aber nicht zustimmungspflichtig. Mit einem Inkrafttreten rechnet das Ministerium bis zum Jahresende.

Ein zweiter Teil des Cannabis-Gesetzes aus dem Bundesgesundheitsministerium soll den eigentlich in der EU verbotenen Verkauf und Handel mit der Droge in lizenzierten Geschäften und bestimmten Modellregionen regeln. Der Entwurf wird im Herbst erwartet.

Kein freier Cannabis-Verkauf nach neuem Gesetzentwurf Anders als ursprünglich geplant, wird es laut dem vom Bundeskabinett verabschiedeten Gesetzentwurf zur Cannabis-Legalisierung vorläufig keine Geschäfte geben, in denen Cannabis frei verkauft wird. Der ursprüngliche Plan hatte - angelehnt an Kanada oder einzelne US-Bundesstaaten - spezielle Läden vorgesehen, in denen von Blüten ("Gras") über fertig gerollte Joints bis hin zu mit Cannabis versetzten Süßigkeiten verschiedenste Produkte frei an Erwachsene verkauft werden können. Das ist vorerst vom Tisch und soll in Deutschland zunächst in einzelnen Modellprojekten erprobt werden. Allerdings ist dafür noch ein gesondertes Gesetz nötig, das noch gar nicht vorliegt. Lauterbach plant jedoch, einen zweiten Gesetzentwurf für den kommerziellen Handel vorzulegen. Den vorgestellten Eckpunkten zufolge soll der Cannabis-Verkauf in den erwähnten Modellregioen in Apotheken oder staatlich lizenzierten Geschäften an Erwachsenen erprobt werden.

AFP/dpa (kkö)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 16. August 2023 | 13:00 Uhr

23 Kommentare

goffman vor 37 Wochen

1. Die Analyse des wissenschaftlichen Dienstes ist aus 2019. Von einem „Gefälligkeitsgutachten“ kann also keine Rede sein. Die zu dem Zeitpunkt regierende CDU war und ist gegen die Legalisierung.
2. „Pseudoexperten“ ist ein Argumentum ad hominem. Ein Scheinargument. Der wissenschaftliche Dienst hat wissenschaftlich gearbeitet, alle Quellen angegeben. Die Methodik und Ergebnisse sind überprüfbar. Haben Sie sich die Quellen angeschaut? Haben Sie Fehler in der Methodik gefunden? Hat Herr Prof. Dr. med. Rainer Thomasius andere Quellen?

Niemand bestreitet, dass Cannabis schädlich sein kann, insbesondere für Kinder und Jugendliche. Da hat Herr Prof. Dr. med. Rainer Thomasius absolut recht. Aber es gibt genug Evidenz, dass eine Legalisierung die Jugendlichen sogar besser schützen kann. Die bisherige Verbotspolitik ist jedenfalls gescheitert.

Und dass die EU das Gesetz kippt, ist doch eher unwahrscheinlich, zumal Portugal, Belgien und die Niederlande ja ebenfalls Cannabis legalisiert haben.

goffman vor 37 Wochen

Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat die Studienlage zusammengefasst: „Legalisierung von Cannabis
Auswirkungen auf die Zahl der Konsumenten in ausgewählten Ländern“, die Studienlage für die USA ist nicht so einheitlich wie z.B. für die Niederlande, spricht aber eher für einen positiven Effekt der Legalisierung:

„Ergebnis, dass auch für die achte und zehnte Klassenstufe kein Anstieg der Konsumraten
feststellbar sei; vielmehr habe die Legalisierung von Cannabis zu einer Reduzierung des Cannabiskonsums geführt.“

„Für die zwölfte Klassenstufe sei ebenso wie bei der auf dem MTF beruhenden Vergleichsarbeit keine Veränderung
des Konsumverhaltens feststellbar.“

„für alle drei
Klassenstufen einen Rückgang des Cannabiskonsums“

„Dies stimme mit
den Ergebnissen anderer Studien überein und passe zu dem Argument, dass durch die Legalisierung Dealer durch lizenzierte Ausgabestellen ersetzt würden und Jugendlichen dadurch der
Zugang zu Cannabis erschwert würde.“

goffman vor 37 Wochen

Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat die Studienlage zusammengefasst: „Legalisierung von Cannabis
Auswirkungen auf die Zahl der Konsumenten
in ausgewählten Ländern“, ein paar Zitate zu den Niederlanden:

„Die Drogenpolitik der Niederlande führte zu einem Rückgang der Konsumenten harter Drogen“

„Trotz der faktischen Entkriminalisierung von Cannabis wiesen die Niederlande eine Lebenszeitprävalenz auf, die in den vergangenen Jahren leicht über, mittlerweile leicht unter dem europäischen Durchschnitt lag bzw. liegt.“ Die Legalisierung führte also nicht zu mehr Konsumenten.

„Lediglich die Behandlungsraten von Cannabiskonsumenten
seien höher als in den übrigen Ländern Europas.“ Eine Legalisierung führt zwar nicht zu einer Zunahme der Konsumenten, sehr wohl aber dazu, dass Betroffene Hilfsangebote vermehrt nutzen. Die Hemmschwelle sich bei Bedarf in Behandlung zu begeben sinkt.

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