Seit tausenden Jahren stechen sich Menschen Tattoos. Der Kultur- und Sozialanthropologe Igor Eberhard untersucht, wie es im 19. Jahrhundert zur großen "Tätowierungswut" kam, warum Tätowierte häufig als Kriminelle stigmatisiert wurden – und welche historisch gewachsenen Vorurteile sich bis heute halten
GEO: Herr Dr. Eberhard, laut Umfragen trägt heute gut jede dritte erwachsene Person in Deutschland ein Tattoo. Ist das historisch betrachtet Rekord?
Dr. Igor Eberhard: Ja, wir können davon ausgehen, dass noch nie so viele Menschen in Deutschland tätowiert waren wie jetzt. Anfang des 19. Jahrhunderts brach schon einmal eine regelrechte "Tätowierungswut" aus, wie zeitgenössische Zeitungen berichteten. Damals sollen etwa 20 Prozent der Menschen im deutschsprachigen Raum tätowiert gewesen sein, wobei es zu der Zeit natürlich keine zuverlässigen Studien gab.
Wie ist es zu dieser "Tätowierungswut" gekommen?